Rückblick: Im elsässischen Val d’Argent – Silbertal, findet jährlich das berühmte Carrefour Européen du Patchwork „Patchwork & Art Textiles“ statt. In diesem Jahr war der Termin 14-17 September 2023 perfekt zu unseren Urlaubsplänen gelegen. Sainte Marie aux Mines ist der Hauptstandort, und rundherum gibt es drei weitere Standorte: Sainte-Marie-aux-Mines, Sainte-Croix-aux-Mines, Lièpvre et Rombach-le-Franc. Das Europäische Patchwork-Treffen zählt zu den drei bedeutendsten Veranstaltungen der Textilkunst weltweit. Jedes Jahr präsentiert es eine beeindruckende Vielfalt an textilen Arbeiten: von Patchwork über Stickerei, Mixed Media, Färbetechniken bis hin zu Häkeln und Spitzenkunst. Vier Tage lang kommen hier alle Facetten der Textilkunst zusammen und begeistern die Besucher.
Ich hatte meinen lieben Mann gefragt, ob wir zusammen nach Sainte Marie aux Mines fahren. Dort waren wir beide noch nie gewesen und ich hatte schon so viel Gutes von dem internationalen Patchwork Treffen gehört.
Unsere Reise begann an einem sonnigen Freitagmittag. Mit dem Auto fuhren wir direkt ins charmante Ribeauvillé, wo wir im historischen Hotel Mouton einkehrten, einem Gasthaus aus dem 14. Jahrhundert. Die Region ist nicht nur aufgrund des Patchwork-Treffens beliebt – die malerische Landschaft, die Weinberge und die Architektur ziehen jedes Jahr zahlreiche Besucher an. Wer während des Patchwork-Events eine Unterkunft sucht, sollte frühzeitig buchen, da es um diese Zeit oft schwierig wird, etwas in der Nähe zu finden.
Sainte-Marie-aux-Mines ist nicht nur bekannt für das jährliche Patchwork-Treffen, sondern auch ein Ort mit einer faszinierenden Geschichte. Vor etwa 30 Jahren wurde die Stadt durch ihre Verbindung zu den Amish People wieder bekannter, die im 18. und 19. Jahrhundert in mehreren Wellen nach Pennsylvania auswanderten. Pennsylvania, einer der ersten amerikanischen Staaten, gewährte seit 1681 Religionsfreiheit, was den Amish eine neue Heimat bot. Die erste große Auswanderungswelle fand zwischen 1730 und 1760 statt, bei der etwa 500 Amish aus der Region in die Neue Welt aufbrachen. Im 19. Jahrhundert folgten weitere 3000, darunter viele aus dem Elsass, der Schweiz und der Pfalz. Das heutige Patchwork-Treffen in Sainte-Marie-aux-Mines ist tief in dieser Geschichte verwurzelt und verbindet Tradition und Textilkunst auf einzigartige Weise.
Unsere erste Station war Ausstellung #7 in Sainte-Marie, wo wir auf die amerikanische Quilt-Sammlerin Jane Lury trafen. Seit Jahrzehnten sammelt sie historische Quilts in den USA und war so freundlich, einige ihrer Schätze zu präsentieren. Besonders beeindruckend war ihre Leidenschaft für die Geschichten hinter den Quilts. Ihr deutsch war fließend, und sie erzählte uns mit viel Hingabe von den historischen Stücken. Es war ein besonderer Moment, mit ihr und ihren niederländischen Freunden über die Kunst des Patchworks zu plaudern.
Hier ein paar Quilts von Jane, aus ihrem reichhaltigen Fundus.
Die unteren beiden Quilts sind sehr bemerkenswert, da sie aus Stoffen des täglichen Lebens genäht wurden. Tischwäsche, Kleiderstoffe etc.
Nach dem Zusammennähen wurden diese Quilts aufwändig mit der Hand bestickt!
Wie detailreich das aussah, seht ihr hier.
Jane zeigte uns einen Quilt, der von einem 14 jährigen Mädchen per Hand genäht worden war. Der Quilt entstand um 1854. Wir rätselten gemeinsam, offensichtlich kam das Mädchen aus gutem Hause, da die Quiltstoffe eine hohe Qualität aufwiesen.
Jude hatte einen Flohmarkt-Korb, mit antiken Quiltblocks. Fast wäre ich schwach geworden und hätte dieses Tuch mitgenommen. Aber ich konnte mich noch gerade beherrschen smile.
Weiter ging es zum Hauptplatz, in Saint Marie, dort wo all die Verkaufsstände waren. Mitten auf dem Platz eine Kutsche der Amish People.
In der Halle zogen mich gleich die modernen Quilts an, wie z.B. dieser wunderschöne Quilt in Blau und Rot. Er ist handgefärbt und heißt: SAQA von Lynne Seamann (Seeking Simplicity: Threats 3 – 2022). – Sehr faszinierend, wie minimalistisch die Linien gequiltet sind!
Ganz in der Nähe ging der PULSE Quilt – SAGA von Adelheid Risi (2022). Die Stoffe zu diesem Quilt hatte sie per Ecoprint erstellt. Die Künstlerin hat die Quadratform ausgewählt, da jedes Quadrat ein eigenes Bild darstellt, was sie selbst bedruckt hatte. Kategorie: Minimalism.
Dann kamen wir an dem Quarter Turn Medaillon – SAQA Quilt von Natalie Skinner vorbei, der gefällt mir auch sehr. Modern und Minimalistisch, einfach wunderschön.
Dann wurde ich von den farbenfrohen Quilts von Lynette Muhaso magisch angezogen und sie war so happy, als ich sie fragte ob ich sie mit ihrem Lieblingsquilt fotografieren dürfte.
Ihre Quilts strahlen so eine Lebendigkeit aus, dass faszinierte mich sehr. Und die Einfachheit des Quiltings kommt einfach gut zur Geltung – minimalistisch und gut!
Weiter vorne waren die ausdrucksvollen Quilts von Lauren Austin, hier: „Paid For Pain“. Lauren Austin, eine afroamerikanische Künstlerin mit über drei Jahrzehnten Erfahrung in der Kunst des Quiltens, kombiniert verschiedene Techniken wie Holzschnitt, lithografische Drucke, Stofffärbung und Malerei, um eindrucksvolle Porträts zu schaffen. Diese Werke spiegeln das Leben und die Arbeit von Afroamerikanern wider und vereinen auf einzigartige Weise handwerkliches Können mit tiefgründiger kultureller Aussagekraft.
Beverly Smiths Quiltserie „Last Seen Wearing“ ehrt ihre Ahnen, indem sie deren Namen in den Mittelpunkt stellt. Inspiriert wurde das Werk von über 900 Suchanzeigen, die Afroamerikaner während des amerikanischen Bürgerkriegs in den 1860er Jahren in Zeitungen veröffentlichten.
Diese Quilts erzählen die schmerzhafte Geschichte der Familien, die auseinandergerissen wurden, als Sklaven in Auktionshäusern an die Höchstbietenden verkauft wurden. Für ihre Quilts verwendete Beverly alte Mehlsäcke aus den 1930er Jahren. In den Südstaaten trugen Familien während der großen Wirtschaftskrise der 1930er Jahre Kleidung, die ebenfalls aus diesen Mehlsäcken gefertigt war. Was für eine grausame Zeit!
Von der Patchwork Gilde Deutschland wurde der schöne Quilt „SWING“ (2023) von Monika Flake ausgestellt. Er hatte es auf die Gilde Zeitschrift geschafft.
Auch dieses Werk ist von der Patchwork Gilde Deutschland: „ONENESS“ von Ursula Bierbaumer-Bohle, Kategorie: Tradition bis Moderne XIII.
Garden of Peace, Love, Hope and Joy Patchwork Gilde Deutschland, leider habe ich mir nicht den Namen der Künstlerin/des Künstlers gemerkt.
Im Detail:
Das war nur ein kleiner Ausschnitt aus einer großen Menge von geballter Kunst. Gerne hätte ich euch all meine Bilder gezeigt, doch dass würde hier den Rahmen sprengen. 😉
Danke, dass ihr bis dahin hierher durchgehalten habt!
Im September 2024 fahren wir wieder ins Elsass zur Ausstellung, ich bin so gespannt. Vielleicht laufen wir uns dort über den Weg? Ich würde mich sehr freuen.
Liebe Grüße
28ème Carrefour Européen du Patchwork 14.-17. September 2023
29ème Carrefour Européen du Patchwork 12.-15. September 2024
Preise: 2023
- 1-Tages-Pass : 16.00 € pro Person (2024: 16€)
- 2 -TageS Pass : 28.00 € pro Person (2024: Ø)
- 4-Tages-Pass : 45.00 € pro Person (2024: 40€)
Liebe Annette,
das ist ja schön, dass Du uns Bilder von den Ausstellungen dort zeigst. Ich habe es noch nie hin geschafft und wer weiß, ob es eines Tages mal klappt.
Umso schöner, wenn andere Quilterinnen mich mitnehmen! *lach*
LG
Elke
Liebe Annette, vielen Dank für diesen interessanten und sehr ausführlichen Beitrag. Ein wirklich sehr schönes Erlebnis hast du dir da gegönnt und uns an den vielfältigen Eindrücken teilnehmen lassen.
LG eSTe
Liebe Annette, hab vielen Dank für den tollen und interessanten Bericht.
ich wünsche Dir eine wundervolle Reise.
ganz liebe Grüße
Bettina
Hallo Annette,
das ist ein so schöner Bericht und jetzt bin ich voll eingestimmt auf das Quilt-Festival. Ich fahre morgen mit den anderen Modern Cologne Quilters ins Elsass. Das wäre wirklich schön, wenn wir uns dort sehen.
Viele Grüße
Martina
Liebe Annette, ich wünsche dir eine gute Reise und viele Freude dort. Dreimal konnte ich auch dort sein und zehre noch heute davon. Ich freue mich auf viele Bilder. LG von Rela